Abstrakt

Mit der in der Fotografie durchaus üblichen Kategorisierung "Abstrakt" bin ich nicht so recht glücklich. Vom Wortsinn her kann eine Fotografie nicht abstrakt sein: Abstraktion meint die Loslösung von einem Objekt. Abstraktion in der Malerei und der Kunst im Allgemeinen bedeutet entweder, die Darstellung auf die aus Sicht des Künstlers wesentliche Elemente zu reduzieren, oder mit völlig freien Kompositionen von Formen und Farben Gedanken, Vorstellungen und Ideen darzustellen, ohne Bezug auf ein existierendes Objekt. Beides kann die Fotografie nicht leisten; letzt­endlich basieren Fotografien immer auf irgendeine Weise auf existierenden Objek­ten (oder Objekten, die zumindest zeitweise existiert haben).

Die Kategorie "Abstrakte Fotografie" kann ich für solche Arbeiten gelten lassen, deren eigentliches Motiv nicht ein bestimmtes Objekt ist, sondern eine Kompo­sition aus Farben, Formen und Strukturen. Diese Fotografien können auch als gegenstands­los bezeichnet werden: Die Objekte, auf denen sich die Kompositionen finden bzw. die Objekte, aus denen sie gebildet werden, sind für diese Fotografie bestenfalls zweitrangig oder spielen überhaupt keine Rolle. Ent­scheidend ist nicht, was dargestellt ist, sondern wie es dargestellt ist: Die Objekte haben ihre ursprüng­liche Funktion verloren (sofern sie überhaupt eine Funktion hatten). Sobald aber die Objekte von Bedeutung sind, sind das für mich nicht mehr im eigentlichen Sinne abstrakte Fotografien.

Der Grad der Abstraktion kann dabei unterschiedlich groß sein, je nachdem, ob das Objekt noch erkennbar ist oder nicht, oder nur das Material, aber nicht das Objekt.